
Darf Sport politisch sein, oder muss er das sogar in schwierigen Zeiten? Oder anders gefragt – ist die Aussage für den Frieden zu sein so politisch, dass man sich besser nicht äußert?
In meinen Augen muss der Sport auch für Werte einstehen und Verantwortung übernehmen. Er soll nicht nur unterhalten und uns ablenken. Sport sollte auch eine klare Position beziehen und dafür einstehen. Heute beim Rennen habe ich genau das gesehen, was ich erwartet habe. Leider.
Wir alle haben uns sehr auf den Start der neuen Saison in der MotoGP gefreut. Soll er uns doch auch etwas Ablenken von den schrecklichen Ereignissen, welche uns seit über einer Woche täglich beschäftigen. Aber er sollte auch Haltung beweisen und Menschlichkeit zeigen. Ich hätte mir mehr gewünscht. Ja, die FIM hat alle Events in Russland, Belarus und der Ukraine ausgesetzt. Auch würden russische und belarussische Sportler und Funktionäre ausgeschlossen. Die FIM hat das getan was sie tun konnte. Mir hat aber ein Statement gefehlt von der Dorna, den Teams, den Fahrern. Man konnte nur bei vereinzelten Teams und Fahrern ein Statement entdecken.
Zum Vergleich braucht man nur den Fußball heranziehen. Die Bundesliga änderte ihr Logo in die ukrainischen Farben. Vor vielen Spielen gab es Schweigeminuten, und die ukrainischen Farben waren omnipräsent.
Eine Haltung zu haben, vor allem wenn es um den Frieden geht, ist nicht schlimm oder gar anstößig, parteiergreifend. Man muss es auch nicht dauerhaft thematisieren, aber es sollte mehr sein. Sport hat auch immer einen Auftrag. Die MotoGP ist dem heute weitestgehend schuldig geblieben, wie ich finde.
Jetzt aber zum Rennen, denn es wurde auch Motorrad gefahren. Das erst Rennen in der Saison ist noch nicht entscheidend, kann aber ein Wegweiser für die gesamte Saison sein. Es zeigt den aktuellen Stand unter Rennbedingungen. Es zeigt die Schwächen und Stärken der einzelnen Teams und Fahrer. Und dieses erste Rennen hatte es in sich.
Enea Bastianini sorgt mit seinem ersten Sieg in der Königsklasse für große Emotionen. Im neu aufgestellten Gresini Team blieb nach dem Tod von Fausto kein Auge trocken. Schon in den letzten drei Runden von Bastianini flossen die Tränen. Emotionen pur. Der Italiener siegte mit seiner Vorjahres-Ducati und hielt damit die Ducati-Fahne hoch. Denn für den italienischen Hersteller lief das Rennen in Katar nicht rund. Mit dem Polesitter Jorge Martin und den beiden Werkspiloten Bagnaia und Miller fielen gleich drei Piloten aus.
Lange sah es aber so aus, als würde in Katar jemand ganz anderes gewinnen. Pol Espargaro führte lange Zeit das Fahrerfeld an, könnte sich aber in der zweiten Rennhälfte nicht gegen Bastianini behaupten. Das Honda Werksteam hatte sich in der Wahl des Hinterreifens verkalkuliert. Mit dem weichen Reifen konnte sich Espargaro gegen Bastianini auf der mittleren Mischung nicht mehr behaupten. Für Pol Espargaro reichte es noch für Platz drei. Er bewies damit, dass Honda mehr als einen guten Fahrer im Team hat.
Überraschender Zweiter wurde Brad Binder. Für KTM war es das beste Ergebnis in Katar, da sie sich auf dieser Strecke immer schwertun.
Alles in allem war es also ein spannendes erstes Rennen der MotoGP Saison 2022. Hoffen wir, dass es so bleibt und vielleicht noch etwas Haltung hinzukommt. Kann ja nie schaden.
Eure Miss MotoGP