MotoGP Deutschland – Ein Hoch auf die Leichtigkeit

Sachsenring MotoGP - Luca Marini

Ich fahre seit weit mehr als zehn Jahren zum Sachsenring – als Fan, als Medienvertreter, als Blogger, als Gast. Der Sachsenring ist und war immer etwas besonderes. Dort kann ich meiner Leidenschaft so nah sein, wie es nur geht. Dort kann ich für meinen Blog arbeiten und euch mit den neuesten Infos und Bildern versorgen. Wenn man schon so lange dort hinfährt, sieht man auch Veränderungen. Man sieht, welche Tribünen nicht mehr aufgestellt werden, weil andere Tribünen erweitert wurden. Man sieht, wie sich das Publikum auf dem Sachsenring verändert, von einer fast reinen Männerdomäne hin zu einem bunten Mix quer durch die Gesellschaft. Die Stimmung, das Publikum auf dem Sachsenring- all das ist immer noch so besonders, wie in den vergangenen Jahren. Nur gibt es eine Veränderung, die mir seit einiger Zeit immer mehr aufgefallen ist. Nennen wir es “die Leichtigkeit”.

Die Leichtigkeit

Media Scrum, Interviews, Pressekonferenzen, Meet & Greets, Hero Walk, Fahrerparade, Promotermine, Briefings, Debriefings, Trainings, Qualifyings, Sprintrennen, Hauptrennen – Nur ein kleiner Auszug vom Aufgabenpensum eines MotoGP Fahrers an einem Rennwochenende. Es ist viel zu tun. Da ist es dann auch verständlich, dass das Basecap tiefer ins Gesicht gezogen wird oder man schneller durchs Fahrerlager mit dem Roller fährt, nur damit man unerkannt bleibt. Damit man vielleicht auch etwas Zeit für sich hat. Zeit, sich zu konzentrieren und sich zu fokussieren. Oder vielleicht einfach nur, um mal durchzuatmen. 

In der letzten Zeit sind immer mehr Termine für die Fahrer dazugekommen. Viele Termine und Verpflichtungen erzeugen Stress – und Stress ist Gift für die Leichtigkeit. 

Die Leichtigkeit, welche früher einmal vorherrschte, verschwindet mit der Professionalität. Wenn ich mich an meine ersten Jahre am Sachsenring zurück erinnere, erinnere ich mich auch daran, dass die Fahrer früher vor den Eingang des Fahrerlagers getreten sind. Sie haben Autogramme gegeben und Fotos gemacht. Einfach so ohne Zäune, Absperrband und Tafeln mit der Aufschrift “Hero Walk”. Am Nachmittag haben immer Leute vor den Eingängen gewartet, um ihre Helden zu treffen. Sie haben gewartet, dass jemand seinen Gästepass kurz weitergibt, damit man auch mal einen Blick hinein werfen kann. Es war ein Miteinander. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Es war alles nahbar und leicht. Für mich geht dieses Gefühl über die letzten Jahre immer mehr verloren. Alles ist streng durchgetaktet. Alles läuft nach einem Zeitplan, der keine Abweichungen erlaubt. Da kann es dann auch schon mal sein, dass der samstägliche Hero Walk kurzfristig abgesagt wird, weil es der Zeitplan nicht mehr zulässt. Schade für die Fans, die dort schon gewartet haben. 

Die Fans

Man sollte die Fans, welche nicht die Möglichkeit haben ein VIP-Ticket zu erwerben, nicht vergessen. Es sind die Fans, welche am Wochenende die Tribünen und Stehplätze füllen. Es sind die Fans, ohne die nicht nur die Atmosphäre fehlen würde, sondern auch der Sport nicht denkbar wäre. Diese Fans besuchen die Strecke, weil sie den Sport lieben. Weil sie die MotoGP lieben. Der Kontakt zu ihnen darf nicht verloren gehen.  

Für mich schlägt die MotoGP einen Weg ein, der dem Weg der Formel1 von vor ein paar Jahren sehr ähnelt. Immer professioneller, immer teurer, immer mehr vermarkten, immer mehr Profit. Aus meiner Wahrnehmung hat die Formel1 viele bestehende Fans verloren und sie hat sich die Möglichkeit genommen, neue Fans dazu zu gewinnen. Sind die Ticketpreise zu teuer, die TV-Übertragung nur noch im Pay-TV zu sehen und die Fahrer unerreichbar, verliert man seine Fans. Denn denen ist es egal, wie professionell es ist, sie wollen Leichtigkeit. Sie wollen einen Sport, der erlebbar ist. Denn ohne die Fans und die Nähe zu den Fahrern, wird das nicht mehr lange gut gehen. Die Leichtigkeit darf nicht verloren gehen. Hoffen wir, sie tut es nicht.

Eure Miss MotoGP

Kleine Zusatzinfo: Ich hatte mir im Vorfeld so viele Gedanken gemacht. Wen frage ich für Interviews an? Welche Themen möchte ich bearbeiten, um sie im Laufe der Saison mit euch zu teilen? Was brauche ich für zusätzliches Equipment? Meine Vorbereitungen für den Sachsenring 2023 liefen auf Hochtouren. Dann kam eine Woche vor dem Beginn des Sachsenrings die Absage. Nicht akkreditiert. Für mich war der Sachsenring abgehakt. Doch dann erhielt ich unverhofft Hilfe vom LCR Honda Team. Ich konnte doch fahren und auch wenn ich nicht alle meinen angedachten Pläne umsetzen konnte, war es für mich das Wichtigste, da sein zu können. 

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