
Die MotoGP Saison 2023 hat endlich begonnen. Viele Neuerungen hat sie mit sich gebracht – einen neuen Rennmodus, Portimão statt Katar. Der Saisonauftakt sollte eine neue MotoGP Ära einläuten und doch sahen wir ein altbekanntes Problem. Ein Problem, welches sich seit Jahren durch die MotoGP Saisons zieht. Auf das nachvollziehbare Sicherheitsbedürfnis der MotoGP Piloten wird nicht in ausreichendem Maße eingegangen. Vor allem die Kiesbetten waren das zentrale Thema. Als 2022 Francesco “Pecco” Bagnaia nach seinem Trainingssturz am Freitag mit einer Handvoll zu großen Steinen in seine Ducati Box zurückkehrte, wurde er belächelt. Seit drei Jahren wird in Portimão gefahren. Seit drei Jahren üben die MotoGP Piloten Kritik an der Sicherheit der Highspeed Strecke. Die Piloten thematisieren die Sicherheit nicht nur in ihren Teams und gegenüber den Medienvertreten, sondern auch in einem regelmäßigen Termin mit der Safety Commission der FIM.
Nun stellt sich die Frage: Gibt es keinen Standard? Doch den gibt es. So wie die Kerbs genau durch die FIM definiert sind, sind auch die Kiesbetten genau definiert. Hier ein Auszug aus den FIM Standards for circuits (Stand 01.03.2023): “Als Standard sollte die Höhe des Kiesbetts 25 cm betragen und der Durchmesser der Körner muss zwischen 8 mm und 20 mm liegen. Monokorn wird dringend empfohlen. Die ersten 5 m des Kiesbetts sollten allmählich anwachsen, bis die genaue Höhe des Kiesbetts erreicht ist. Um die Wirksamkeit der Kiesbetten zu erhalten, sollte eine Durchmischung (Versenkung) vor jeder FIM Veranstaltung durchgeführt werden und Geröll und Steine, die einen größeren Durchmesser als vorgegeben haben, müssen entfernt werden.”
Das ist der definierte Standard, an welchen sich jeder Streckenbetreiber im MotoGP Kalender halten muss. Das ist der Standard, der durch die Safety Commission kontrolliert werden muss. Der Kies sollte demnach ca. die Größe eines Popcorns haben, um es kurz greifbar zu machen. Nun erinnern wir uns an die Hühnerei großen Steine, welche Pecco Bagnaia in seine Box 2022 mitbrachte. Erinnern wir uns an den Unfall von Gresini-Pilot Fabio Di Giannantonio beim letzten Saisonvorbereitungstest vor drei Wochen ebenfalls in Portimão. Di Giannantonio stürzte in Kurve 7 und erlitt eine Gehirnerschütterung. Für ihn waren die Tests beendet. Seine Lederkombi und Helm waren komplett zerstört. Dass nicht mehr passiert ist, war pures Glück.
Um dennoch eine Lanze für den Streckenbetreiber von Portimão zu brechen, sei zu erwähnen, dass versprochene Nachbesserungen an den Kiesbetten noch vor dem Saisonauftakt vorgenommen wurden. Augenscheinlich wurden die Nachbesserungen nicht an allen Stellen vorgenommen. Die Kurve 10 wurde für den GasGas-Piloten Pol Espargaro zum Verhängnis. Im freien Training kam es zu einem Highsider bei Espargaro. Durch den Sturz rutschte er über die asphaltierte Auslaufzone ins Kiesbett. Das Kiesbett konnte, wohl aufgrund seiner Beschaffenheit, weder Fahrer noch Motorrad ausreichend abbremsen. Es katapultierte beide durch die Luft und gegen den Reifenstapel. Der GasGas-Pilot musste mehrere Minuten an der Strecke behandelt werden und zog sich einen Kieferbruch, Lungenquetschung und einen Wirbelbruch zu. Der Einschlag war extrem und es hätte durchaus noch schlimmer ausgehen können. Wann Pol Espargaro zurückkehren wird, steht noch nicht fest. Es wird eine längere Pause werden. Erst nach seinem verhängnisvollen Sturz wurde das Kiesbett überarbeitet und es wurden Airfences aufgestellt. Muss erst etwas passieren, damit die Verantwortlichen ihrer Pflicht nachkommen?
Dass es zu Unfällen in der MotoGP kommt, kann nicht verhindert werden. Dass Piloten sich dabei schwer verletzen, jedoch schon. Die Piloten machen die Show. Sie stehen für die MotoGP. Deshalb sollte ihnen Gehör geschenkt werden und ihre Sicherheit die oberste Priorität haben. Gemeinsam mit den Fahrern Themen anzugehen und sich gegenseitig den Respekt des Zuhörens entgegenbringen, das sollte die Lehre aus diesem Saisonauftakt sein.
Eure Miss MotoGP